Kunstkontor Dr. Doris Möllers

Schlichter, Rudolf (Calw 1890 -1955 München)

An der Waldgrenze

Aquarell auf Bütten, mit Bleistift signiert, rückseitig betitelt, um 1937. 61,5 : 49 cm. Von farbfrischer Erhaltung. Provenienz: Privatsammlung Schleswig-Holstein.Schlichter wandte sich 1927 vom Kommunismus ab und bekannte sich zum Katholizismus. Parallel dazu entdeckt er die Landschaft als neues Motiv mit dem Ziel „die innere Dämonie von Menschen und Landschaften graphisch“ zu gestalten. Charakteristisch für diese Arbeiten ist eine Mischung aus Realismus und Apokalypse.„Unter dem Eindruck der sich überstürzenden politischen Ereignisse und der immer schwieriger werdenden Lebenssituation in Berlin fand Schlichter Kraft und Rückhalt im Karst des Schwäbischen Jura. Er entdeckte die Landschaft seiner Jugend neu als ein Symbol der Geborgenheit und Stabilität, das die politischen Verirrungen überdauern würde. [...] In der Erinnerung an einen Ausflug nach Straßburg artikulierte sich die Heimatliebe in einer für Schlichter ungewöhnlich pathetischen Form: >Oft verachtet und in törichter Scham verschwiegen, mit Gewalt aus meinem Denken und Gefühlsleben in die tieferen Schächte des Unbewußten verdrängt, brach doch immer wieder in Augenblicken sehnsuchtsvoller Verlassenheit die heiße Liebe zu den düster-heimlichen Hängen des Schwarzwaldes hervor, deren wundersame Formen mir in früher Kindheit das Bild der Welt ins empfängliche Herz geprägt hatten.<“Adriani, Götz, Rudolf Schlichter. Katalog der Ausstellung in der Kunsthalle Tübingen 1997-1998. S. 51

Die Eroberung von Bagdad.

Radierung mit Aquatinta auf Bütten, mit Bleistift signiert, 1914. 33 : 26,6 cm auf 45 : 38 cm. Provenienz: Privatsammlung Köln. Einheitlich leicht gebräunt, verso umlaufend Montierungsstreifen, ein kleiner Braunfleck am linken Rand.
Bagdad wurde 1258 von den Mongolen erobert und mit großer Brutalität dem Erdboden gleich gemacht. Die Opferzahlen lagen im sechs- bis siebenstelligen Bereich. Schlichter schildert hier ein Gemetzel aus nächster Nähe, bei dem Soldaten, Pferde und unbekleidete Frauen tot oder ums Leben ringend regelrecht aufgetürmt scheinen. Die grimmig schauenden Krieger schreiten oder reiten offensichtlich unbeeindruckt über diesen „Körperhaufen“ hinweg. Auffallend sind die nackten Frauen, die auch im Tod noch aufreizende Posen einnehmen. Hier verbindet Schlichter das Lustmord-Motiv mit dem Grauen des Krieges, wohl nicht zufällig im Jahr 1914.

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