Kainer, Ludwig (München 1885 - 1967 Paris)
Ludwig Kainer hatte zunächst Medizin studiert, bevor er 1909 seine Liebe zur Kunst entdeckte und anfing, Gemälde von Degas, Monet und Renoir zu sammeln und selbst autodidaktisch tätig zu werden. Besonders als Graphiker schuf er zahlreiche Beiträge für den "Simplicissimus". Während seines Paris-Aufenthaltes nahm er auch Kontakt zu Diagilew und Nijnsky auf. Diagilew hatte das bedeutendste Ballettensembles des 20. Jahrhunderts gegründet, dass seinen ersten Auftritt am 19. Mai 1905 in Paris hatte. Der Tänzer Vaslav Nijnsky und seine Partnerin Anna Pawlowa gelangten mit ihren revolutionären Aufführungsformen zu Weltruhm und gaben Künstlern, Schriftstellern und Musikern nachhaltige Impulse. Das Publikum war schockiert, fasziniert und abgeschreckt. In den Gazetten wurden sehr konträre Beurteilungen veröffentlicht (Rodin z. B. schrieb im "Le Matin" eine überschwängliche Kritik). Das Ensemble gastierte zwischen 1910 und 1914 mehrfach in Berlin, was Kainer in einem lithographischen Zyklus festhielt. 1910 hatte Kainer die jüdische Künstlerin Lene Schneider (1885-1971) in Paris geheiratet. 1912 zog das Paar mit Sohn Peter nach Berlin, ihre Wohnung wurde zu einem Treffpunkt vieler Künstler und Schriftsteller, darunter Else Lasker-Schüler. Diese schrieb an Paula Dehmel: „Ich soll nämlich über das russische Ballet mit L. Kainer, der die Illustrationen macht, schreiben…“ 1913 stellte der Künstler, der das Privileg genoss, während der Proben und hinter der Bühne zu zeichnen, seine Arbeiten in "Brakls Moderner Kunsthandlung" in München aus, worüber Hermmann Esswin in der Zeitschrift "Deutsche Kunst und Dekoration" einen reich bebilderten Artikel schrieb. Im gleichen Jahr erschien im Kurt Wolff Verlag in Leipzig das Mappenwerk "Russiches Ballett" mit 250 handkolorierten Lithographien. In Berlin arbeitete Kainer auch für den "Sturm", bevor er 1914 zum Film wechselte und Kostüme und Kulissen entwarf. Nach Scheidung von Lene Schneider 1926, heiratete er die aus Berlin stammende Tochter eines jüdischen Kommerzienrates Margret Levy (1894-1968). Zusammen mit ihr erweiterte er die bedeutende Kunstsammlung, die von den Nationalsozialisten ebenso wie das Vermögen beschlagnahmt wurde. Das Paar war zum Zeitpunkt der Machtergreifung auf Reisen und kehrte nicht nach Deutschland zurück, sondern emigrierte zunächst in die Schweiz, dann nach Frankreich. Der Rechtstreit über die Rückgabe der Bilder wurde nicht beendet, da Magret und Ludwig Kainer darüber verstarben.
Groteske.
Maskerade.
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