Kollwitz, Käthe (Königsberg 1867 - 1945 Moritzburg)
Verbrüderung
Kreidelithographie auf glattem Papier, vor Juli 1924. 23,5 : 17,4 cm auf 33,3 : 24,1 cm.
Knesebeck 204 d (von e).
Eins von 500 Exemplaren aus der Normalausgabe von "Henri Barbusse: Der singende Soldat. Mit Einleitung: Die logische Brüderlichkeit", erschienen im Verlag Friedrich Dehne, Leipzig, 1924 (dazu 500 weitere auf englisch).
Vorzüglich erhalten.
Provenienz: Käthe Kollwitz Museum Köln (verso mit Sammlungsstempel und "als Doublette ausgeschieden" gekennzeichnet).
Henri Barbusse (1873-1935) nahm auf Seiten Frankreichs an der Lorettoschlacht teil: "Zwei Armeen, die sich bekämpfen, sind eine grosse Armee, die Selbstmord an sich übt." (Barbusse in Le Feu, 1916; dt. 1918).
Nach dem Krieg schrieb er einen sehr kriegskritischen, während der NS-Zeit verbotenen, Roman "Der singende Sodat", in dem er für die Verbrüderung deutscher und französischer Soldaten eintrat.
Seine kriegsgegnerische Haltung fand in Käthe Kollwitz natürlich große Bestätigung. So schrieb sie während der Lektüre von "Le Feu" am 23. Februar 1918 in ihr Tagebuch: "Im Barbusse gelesen. Schrecklich schrecklich. Ganz unerträglich schrecklich. Ich sagte zum Karl, daß ich mir jetzt so vorstellen könne wie man als älterer Mensch an allem Fortschritt der Menschheit verzweifelt und sich darauf beschränkt, eine Art mönchischen Lebens zu führen mit den kleinen demütigen Liebesbezeugungen von Mensch zu Mensch. Denn ein Fortschritt in der Entwicklung wäre auch mit der Lupe nicht zu finden. Der Karl sagte dann etwas, was mir mit einem Mal sehr einleuchtete. Er sagte, es schiene doch so, als ob das Böse mitaufgenommen sei in den Plan einer Höherentwicklung. [...] Nur daß diese Entwicklung auf so viele Jahrtausende vorgesehn ist, daß der einzelne Mensch - zumal wenn sein Leben in eine solche Zeit wie die jetzige fällt - den ganzen Plan nicht übersehn kann und eben doch verzweifeln kann. Da soll der Glaube einsetzen."
Am 3. März 1918 schreibt sie: "Barbusse zu Ende gelesen. Gegen den Schluß läßt er an einer Stelle einen Soldaten sagen: Wenn wir dies, was wir durchmachen, nicht vergessen würden, gäb es keinen Krieg mehr.
Das ist es. Und darum soll dies Buch in Millionen von Exemplaren verbreitet werden, auch der Gleichgültigste soll dies Leiden kennen. Es ist ein Lehrbuch in eigentlichster Weise. Wenn der Krieg so ist wie er es schreibt - und er ist wohl so - wie ist es dann denkbar, daß die Menschheit - um dies Leiden wissend - es noch einmal wiederholen soll?"
Vier Männer in der Kneipe
Vier Männer in der Kneipe.
Strichätzung, Kaltnadel und Schmirgel in Braun auf Velin, 1892 und 1897, mit Signaturstempel.
12,9 : 15,9 cm auf 25 : 35 cm.
Knesebeck 15 III c (von III d).
Aus den Auflagen zwischen 1946/48 und 1963/65.
Provenienz: Erbengemeinschaft Kollwitz; Käthe Kollwitz Museum Köln (verso mit Sammlungsstempel und "als Doublette ausgeschieden" gekennzeichnet).
Vier Männer in der Kneipe
Strichätzung, Kaltnadel und Schmirgel in Braun auf Velin, 1892 und 1897.
12,9 : 15,9 cm auf 26,3 : 31,8 cm. Mit dem Münchner Blindstempel von der Beckes.
Knesebeck 15 III d (von III d).
Aus den Auflagen zwischen 1963/65 und 1972.
Provenienz: Käthe Kollwitz Museum Köln (verso mit Sammlungsstempel und "als Doublette ausgeschieden" gekennzeichnet).
Bei diesem Blatt handelt es sich um eine frühe Fassung des dritten Blattes vom Weberzug "Beratung", das zwischen 1893 und 1897 entstand.
"Offen, wie es immer ihre Art war, spricht Käthe Kollwitz hier von ihrem Ringen mit dem Stoff und von den Problemen im Umgang mit der Technik der Radierung. Das Resultat der durch fünf Jahre sich hinziehenden Bemühungen ließ diese Schwierigkeit vergessen. Der Zyklus erregte Aufsehen und begründete den Ruhm der Künstlerin. Deren Ziel hatte von vornherein festgestanden. Es sollte nicht darum gehen, das bewunderte Bühnenstück Gerhart Hauptmanns zu illustrieren. Vielmehr war die Absicht, eine unabhängige, für sich gültige, in sich schlüssige Bildfolge zu schaffen." (Arndt, Karl, Käthe Kollwitz - Zum graphischen Werk. In: Guratzsch, Herwig, Hrsg., Käthe Kollwitz. Druckgraphik. Handzeichnungen. Plastik. Stuttgart 1990. S. 18).
Zwei schwatzende Frauen
Kreidelithographie auf dickem Velin, mit Bleistift signiert, 1930. 29,8 : 26 cm auf 50 : 35,7 cm. Werkverzeichnis: Von dem Knesebeck 250 c. Eins von ca. 150 Exemplaren der Jahresgabe des Deutschen Kunstvereins, Berlin.
Schöner, kontrastreicher Abzug von bester Erhaltung.
Endgültige Fassung einer 1928 als Radierung (der letzten der Künstlerin überhaupt) entstandenen Graphik. In jenem Jahr wird sie Leiterin des Meisterateliers für Graphik an der Preußischen Akademie der Künste und erlebt beruflich wie privat eine gute Zeit. "In Berlin tastendes Hineinversuchen in die Arbeit. Erst Atelier in der Akademie einrichten. Sehr schön. Diese Weiträumigkeit. Das große Atelier für Plastik, das kleine für Graphik. Die erste Arbeit, die ich vornehme, ist das Revolutionsblatt für die Leipziger Sozialdemokratie.... Zwischenein kleine zeichnerische Arbeiten: für 'Menschen der Tiefe' (London) Titelzeichnung. Für 'Nie wieder Krieg!' (Ernst Friedrich) Titelzeichnung. Für 'Verein für Originalradierung' kleine Platte: Mutter mit Jungen, dem sie abzubeißen gibt. Auch die 'Schwatzenden Frauen' versuche ich." (Tagebucheintrag vom 30. Dezember 1928).
Tod mit Frau im Schoß
Holzschnitt auf Velin, mit Bleistift signiert, ebenso vom Drucker F. Voigt signiert und nummeriert, 1920/21. 24,1 : 28,5 cm. Knesebeck 163 VII c. Eins von 150 Exemplaren für das Jahrbuch der Original-Graphik, 3. Jahrgang, Berlin 1921. Im ehemaligen Passepartoutausschnitt etwas gebräunt.
Das Blatt entstand im Zusammenhang mit dem Suizid einer Cousine der Künstlerin. Motivisch ist es eine weitere Variante der Pietà-Darstellung, ergänzt um die am Boden liegenden Dornenkrone. Besonders interessant ist hier die Darstellung des Todes in Form einer bekleideten, lebenden (!) Frau, die einer Mutter gleich, die Verstorbene in ihrem Schoß hält. Für Käthe Kollwitz war der Tod immer ein Teil des Lebens und so liegt auch in diesem Blatt bei aller Trauer um die Vergänglichkeit ein Zeichen des Trostes und der Hoffnung.
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