Piet, Fernand (1869 - Paris - 1942)
Ohne Titel (Hafen von Marseille).
Öl auf Leinwand mit Keilrahmen (doubliert), 1896. 38,3 : 46,3 cm. Verso mit dem Nachlaß-Aufkleber „Sucession Fernand Piet“ und der Nummerierung „205“.
Das viel zitierte „Licht des Südens“ brachte Piet dazu, den alten Hafen von Marseille ohne erzählerische Details und stattdessen in einem kontrastreichen und für ihn ungewöhnlich bunten Farbenspiel darzustellen.
Statt der quirligen Betriebsamkeit im Hafen und architektonischer Genauigkeit geht es ihm hier einzig und allein um die Darstellung des mediterranen Lichtes, das er im Bereich des Wassers mit wellenandeutenden staccatoartigen Pinselstrichen, ansonsten in unaufgeregten, dezent ausgearbeiteten Farbflächen malerisch umwandelt.
Ohne Titel (Am Mittelmeer).
Öl auf Leinwand, auf Pappe kaschiert, 1896. 26,7 : 34,7 cm. Verso mit einem Verkaufsetikett der Firma für Malbedarf Boyer in Paris sowie dem Nachlaß-Aufkleber „Sucession Fernand Piet“ und der Nummerierung „321“ .
Küstenlandschaften sind in Piets Werk erstaunlicherweise kaum zu finden, obwohl er auf seinen Reisen immerzu ans Meer fuhr, sei es in der Bretagne oder in Holland.
Interessant ist hierbei, dass er das Gestade (es könnte am Fuße des Esterel-Gebirges mit seinen rötlich-braunen Felsen gemalt worden sein) ganz ausschnitthaft, ohne jede Staffage, sei es ein Boot oder ähnliches, mit breitem Pinselauftrag vollkommen unpathetisch im Bild festhält. Das leicht violett schimmernde Blau läßt den Moment der Dämmerung vermuten, wo bald schon Wasser und Himmel eins werden.
Claude Monet war derjenige unter den Impressionisten, der sich intensiv mit den felsigen Küsten Frankreichs malerisch auseinandersetzte. Zunächst in der Normandie, seit 1883 wiederholte Male in Südfrankreich, besonders 1888, als er nach Antibes reiste und in vier Monaten auf unzähligen Bildern auch und gerade etliche „Felsen“ malte, die Theo van Gogh 1888 in Paris mit großem Erfolg ausstellte und die der junge Piet gewiß gesehen haben dürfte.
Ohne Titel (Wäscherinnen am Brunnen in Toulon).
Öl auf Leinwand mit Keilrahmen (doubliert), 1896. 32,4 : 24,3 cm. Verso mit dem Nachlaß-Aufkleber „Succession Fernand Piet“ und der Nummerierung „320“.
„Unter den Ausgestellten nenne ich an erster Stelle Fernand Piet, einen jungen Künstler, Mitglied der Société Nationale des Beaux-Arts. Monsieur Piet stellt drei Gemälde und eine Kinderstudie aus, denen es nicht an ernsthafter Qualität mangelt: Markt in Brest, Am Waschplatz (Toulon), Fischhändlerin in Marseille sowie die schon erwähnte Kinderstudie. Die drei Leinwände zeigen eine meisterliche Beherrschung des Kolorits und der Zeichnung und empfehlen sich durch eine lebendige und wahrhaftige Intensität und eines von ihnen, das große Bild, darf bereits als Meisterwerk bezeichnet werden.
Die Typen der Bäuerinnen sind genau beobachtet, mit all ihren Besonderheiten ihres Charakters und ihrer kräftigen und herzhaften Erscheinung. Das einzige, was man Monsieur Piet vorwerfen könnte, ist zu sehr auf die Linie zu achten. Ich glaube, das kommt daher, den Gesamteindruck verstärken zu wollen aber das Bild, das in erster Linie seinen Vorstellungen entspringt, ist ein Werk der Synthese, wenn es zu gewollt ist, verliert es seine Originalität und wird zu einer simplen Studie.
Der junge Künstler hat ein gutes Gefühl für Bewegung und das ist umso verdienstvoller, als die bäuerlichen Szenen die er malt, von Haus aus eher schwerfällig sind. Denn was ist schwerer und hölzerner (um mich eines malerischen Ausdrucks zu bedienen) als die Landbewohner im Sonntagsstaat?
Monsieur Piet wird seine Bilder im nächsten Salon du Champ-de-Mars zeigen. Warten wir darauf voller Zuversicht.“ (Delphi Fabrice in: La Presse. 2. Januar 1897)
Ohne Titel (Wäscherin am Fluß).
Öl auf Malpappe, auf Pappe montiert, undatiert. 24,5 : 32,9 cm. Verso mit dem Nachlaß-Aufkleber „Sucession Fernand Piet“ und der Nummerierung „389“.
Das Thema der Wäscherin taucht seit den 1860er Jahren in der französischen Kunst und Literatur verstärkt auf. Man denke an Daumiers „Wäscherin“, die er in gleich drei Versionen ab 1861 malte und das eine Frau mit Wäschekorb im Arm und Kind an der Hand zeigt oder an die „Wäscherin“ von Toulouse-Lautrec (1889), die auf einen Tisch gestützt aus dem Fenster schaut. Nicht zu vergessen Van Goghs „Brücke von Langlois mit Wäscherinnen“. Sie kommen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen.
1867 erschien der Roman „Manette Salomon“ der Brüder Goncourt, der im Pariser Künstlermilieu spielt und in dem eine Gruppe von Wäscherinnen den jungen Künstlern den Kopf verdrehen. Dies inspirierte wiederum Marcel Proust in seinen Romanzyklus „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ (1913-1927). Edmond de Goncourt schrieb am 13. Februar 1874 in sein Tagebuch: „Gestern habe ich meinen Tag im Atelier eines seltsamen Malers namens Degas verbracht. Nach vielen Versuchen, Ansätzen und Vorstößen in alle Richtungen hat er sich in die Moderne verliebt; und in der Moderne hat er sein Auge auf Wäscherinnen und Tänzerinnen geworfen. Im Grunde ist die Wahl nicht so schlecht. Ich kann sie [auch] nicht schlecht finden, da ich in >Manette Salomon< diese beiden Berufe dafür rühmte, dass sie in jetzigen Zeiten modernen Künstlern die malerischsten weiblichen Modelle lieferten.“ (Zitiert aus: Degas. Klassik und Experiment. Hrsg. von Alexander Eiling. Katalog der Ausstellung in der Kunsthalle Karlsruhe 2014. S. 137)
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