Nolde, Emil (Nolde/Nordschleswig 1867 - 1956 Seebüll)
Frauenkopf III
Holzschnitt auf festem Bütten, mit Bleistift signiert, 1912. 29,8 : . 22,3 cm auf 41 x 33,5 cm.
Schiefler/Mosel H 116 II (von III). Eins von nur 3 Exemplaren des zweiten Zustandes mit den hellen vertikalen Streifen im Haar, vor der Entfernung diverser Flecken an Wange und Stirn. Vom ersten Zustand kennt Schiefler 2, vom dritten und letzten Zustand mindestens 10 Exemplare. Mit minmalen Lichtrand im ehemaligen Passepartoutausschnitt, verso ältere Montierungs- und Gebrauchsspuren, sonst wunderbar erhalten.
Provenienz: Privatsammlung Rheinland-Pfalz.
Ausgezeichneter, prachtvoller Frühdruck (Reiberdruck) in tiefem, sattem Schwarz, mit vielfach mitdruckendem Stockgrund und deutlicher Reliefprägung (auch verso sichtbar) der Langholzmaserung.
Gustav Schiefler schreibt: "Selbst im Holzschnitt, der - wegen der Scharfkantigkeit seiner Flächen und Linien - die >zeichnerischste< der graphischen Techniken genannt werden kann, setzt sich jener Wille zum Malerischen durch. Wie gelegentlich in den frühen Blättern eine Art Blinddruck von Teilen des Stockes, die nicht mit Farbe eingerieben wurden, der Papierfläche ein feines Spiel von Licht und Schatten mitteilte, das durchaus im Sinne einer malerischen Wirkung lag, so werden jetzt vielfach die breiten Flecken und die derben Linien der Zeichnung nach und nach immer mehr aufgelöst, so daß eine merkwürdig schwingende Beweglichkeit des Eindrucks entsteht, die fast die Illusion von Farbigkeit erwecken können." (Schiefler, Gustav, Vorwort zu Band 2 des Werkverzeichnisses >Das graphische Werk von Emil Nolde<, Berlin, Euphorion-Verlag, 1926/27.)
Ein Reiberdruck ist eine ohne Verwendung einer Druckerpresse hergestellter Abzug eines Holz- oder Metallschnittes. Das angefeuchtete Papier wird auf den Druckstock gelegt und mit Hilfe eines Reibers angerieben. Früher wurden als Reiber mit Tierhaaren gefüllte Ledersäckchen verwendet. Benutzt man Bürsten als Reiber, spricht man vom Bürstendruck.
Zwischen 1910 und 1912 unternahm Nolde zahlreiche Zeichenexkursionen ins Berliner Völkerkundemuseum und hielt das Gesehene in mehr als 120 Zeichnungen fest. "Zeichnend ging ich zu dieser Zeit oft und gern in den Abteilungen des Völkerkundemuseums. Die dort aufgestapelten Reste einer verschwindenen Urvolkskultur interessierten mich. Auch war mir bewußt, daß die paar noch hier und dort existierenden Enklaven mit primärem Urvolkstum im Verschwinden waren und wohl jetzt schon verschwunden sind. Unsere Erdfläche mit ihren Bewohnern hat ihr primäres Alter verlassen. Ein großer Moment. Ein ganz großes Weltereignis. Einstiges kehr nie wieder."
Die Zeichnungen dienten ihm als Enzyklopädie der Ausdrucksformen: "Als wieder der Winter kam, stand ich innerem Bedürfnis folgend, in den ägyptischen und koptischen Abteilungen der Museen, ich ging zu den Tanagras und zu den romanischen Figuren und den gotischen, immer zeichnend alle diese reichen Formen und auch Farben. - Es gab dies ein vertiefteres Eindringen in das Wesentliche, als mechanische Aufnahmen und Abbildungen es tun, wenn auch meine Zeichnungen nur ganz knapp waren."
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